1. Rechtliche Grundlagen
Gemäß § 25 Abs. 6 des SchOG können an Volksschulen, Mittelschulen und Sonderschulen, sowie an Polytechnischen Schulen therapeutische und funktionelle Übungen in Form von Kursen durchgeführt werden. Der Beratungslehrer/inneneinsatz ist ein kursmäßiger Unterricht im Sinne dieser Bestimmung.
Beratungslehrer/innen sind – auch wenn sie ihre Tätigkeit an mehreren Schulen ausüben – einer Stammschule zugeordnet, die die Fach- und Dienstaufsicht wahrzunehmen hat. Die fachliche Begleitung und mobile Einsatzplanung der Beratungslehrer/innen erfolgt über den zuständigen Diversitätsmanager/die zuständige Diversitätsmanagerin in der Bildungsregion.
2. Arbeitsfeld
- Laut der MHAT Studie, der ersten österreichweiten epidemiologischen Studie zur Prävalenz von
psychischen Erkrankungen in Österreich leiden aktuell 23,93 Prozent aller Kinder und Jugendlichen an
einer psychischen Erkrankung. Insgesamt nahmen an dieser Studie 340 österreichische Schulen teil. Die
häufigsten Störungsbilder betreffen Angststörungen, gefolgt von Störungen der psychischen und
neuronalen Entwicklung und depressive Störungen. Männliche Kinder und Jugendliche leiden 3 Mal so
häufig an Störungen der psychischen und neuronalen Entwicklung (ADHS-
Syndrom/Aufmerksamkeitsdefizits- und Hyperaktivitäts-syndrom) und 6 Mal so häufig an
Verhaltensstörungen (Impulskontrollstörungen) wie Mädchen, während Mädchen doppelt so häufig unter
Angst – und zehnmal so häufig unter Essstörungen leiden.
- Psychische Erkrankungen bei Schülern und Schülerinnen sind der Studie zufolge kein Randphänomen
und implizieren auch eine Reihe von Herausforderungen für das Schulsetting.
- Die Kinder und Jugendlichen haben häufig aufgrund ihrer unterschiedlichen Symptomatik
Schwierigkeiten, die Unterrichtsangebote adäquat anzunehmen, während deren Lehrer/innen Probleme
haben, ungestört effizienten Unterricht anzubieten.
- Grundsätzlich gehört die pädagogische Begleitung aller Schüler/innen, selbstverständlich auch jene im
sozio-emotionalen Bereich zum Erziehungs- und Bildungsauftrag der Schule und ist somit gemeinsame
Aufgabe aller Lehrerinnen und Lehrer.
- Ergebnisse der MHAT Studie und anderer einschlägiger Studien in diesem Bereich zeigen allerdings,
dass Lehrer/innen psychische Auffälligkeiten von Schülern und Schülerinnen oftmals klarer einschätzen
können als Eltern.
Beratungslehrer/innen bieten nun unter Einbeziehung aller in die schulische Begleitung der Kinder und Jugendlichen Beteiligten sozio-pädagogische Interventionen und Hilfestellungen. Diese dienen der Prävention und der konkreten Hilfestellung für die einzelne Schülerin/den einzelnen Schüler und die Lehrer/innen, um belastete Schul- und Erziehungssituationen besser bewältigen zu können.
3. Ziele der Beratungs- und Betreuungsarbeit
Grundsätzlich zielt die Begleitung und die Arbeit von Beratungslehrern und Beratungslehrerinnen darauf ab, Schüler/innen mit Schwierigkeiten im sozio-emotionalen Bereich möglichst inklusiv im Klassenverband zu betreuen, um Ausgrenzung zu vermeiden.
Schwerpunktmäßig erfolgt die Arbeit der Beratungslehrer/innen also im schulischen Umfeld und soll Schulversagen und dessen schwerwiegende Folgen zu verhindern versuchen.
Im Gegensatz zum psychotherapeutischen Fokus, der auf die Behandlung psychischer Erkrankungen abzielt, richtet sich die Arbeit der Beratungslehrer/innen darauf aus, durch soziopädagogische Interventionen und Beratungen im Kontext der Gruppe, Klasse oder auch Schule zu stabilisieren.
Die pädagogische Arbeit der Beratungslehrer/innen ist klar von psychotherapeutischem und klinisch-psychologischem Handeln abgegrenzt.
Ziele im Detail:
- Förderung von Handlungskompetenzen im sozio-emotionalen Bereich
- Qualitätssicherung und Effizienzsteigerung des Unterrichts
- Schaffung eines entwicklungsförderlichen Schulklimas
- Interventionen zur Vermeidung von Eskalationen im Schullalltag
- Entwicklung von Strategien im Umgang mit Schülern und Schülerinnen, welche Probleme im
Sozialverhalten aufweisen
- Hilfestellung in individuellen Problemsituationen
- Förderung der Selbstwirksamkeit und des Selbstwertgefühls von Schülern und Schülerinnen
- Förderung der Handlungskompetenzen von Lehrern und Lehrerinnen in Krisensituationen
- Begleitung der Eltern- und Erziehungsberechtigten in Fragen der Erziehung und Entwicklung der Kinder- und Jugendlichen
Der Beratungslehrer/Die Beratungslehrerin hat an Pädagogischen Konferenzen des Fachbereiches Inklusion, Diversität und Sonderpädagogik teilzunehmen. Diese haben mindestens einmal pro Semester stattzufinden.
4. Durchführung
Schüler/innen sind in komplexen Systemen sozialer Beziehungen eingebettet. Diese bestimmen wesentlich ihre Einstellungen und ihr Verhalten. Der Beratungslehrer/Die Beratungslehrerin berücksichtigt dieses dynamische Beziehungsgeflecht sowohl bei der Problemerfassung als auch bei der Auswahl und Umsetzung seiner/ihrer Maßnahmen.
4.1. Tätigkeiten an der Schule
Im Fokus der Arbeit der Beratungslehrer/innen stehen in erster Linie Kinder und Jugendliche mit grundlegenden Problemen und Schwierigkeiten im psychosozialen Bereich oder mit psychischen Erkrankungen.
Hieraus ergeben sich an der Schule folgende Arbeitsfelder:
- Entwicklung von methodisch-didaktischen Hilfestellungen für Lehrer/innen;
- Pädagogische Beratung von Lehrern und Lehrerinnen sowie Eltern;
- Entwicklung von unterstützenden Arbeitsprogrammen;
- Verbesserung der Beziehungsstruktur innerhalb einer Klasse durch Angebote kommunikativer und
kooperativer Art sowie Unterrichtseinheiten mit dem Ziel der Förderung von Sozialkompetenz;
- Maßnahmen zur Entwicklung von Lern- und Leistungsmotivation;
- Präventive Maßnahmen;
- Krisenintervention;
- Referate und Berichte bei Klassenkonferenzen;
- Initiieren von schulinterner Lehrer/innenfortbildung;
- Kooperation mit Angeboten schulischer Kooperationspartner/innen wie der Schulsozialarbeit, dem
Jugendcoaching, der Kinder- und Jugendhilfe….
4.2 Tätigkeiten im sozialen Umfeld
- Beratungsgespräche für Eltern in Fragen der Erziehung und Entwicklung ihrer Kinder;
- Psychoedukation - Entwicklung und Förderung von Einsicht in die Ursachen und Hintergründe von
Störungen im sozio-emotionalen Bereich;
- Förderung von Erziehungskompetenzen der Eltern und Erziehungsberechtigten durch deren
Einbeziehung in schulische Maßnahmen und Entscheidungen. Förderung der Verantwortungsübernahme
der Erziehungsberechtigten für eine positive Entwicklung ihrer Kinder.
- Information zu schulischen und außerschulische Einrichtungen und Institutionen, wie:
- FIDS: Fachbereich, Inklusion, Diversität und Sonderpädagogik der Bildungsdirektion
- Schulpsychologische Beratungsstellen
- Schulärztlicher Dienst
- Kinder- und Jugendhilfe Kärnten
- NPKJ Neurologie und Psychiatrie des Kindes und Jugendlichen in den LKHs Klagenfurt und Villach
- Kinder- und Jugendanwaltschaft
- PPD Pädagogisch-Psychologischer Dienst der AVS
- AEH Ambulante Erziehungshilfe der AVS
- Fachärzte und Fachärztinnen für NPKJ
- Drogenberatungsstellen
- Psychotherapeuten und Psychotherapeutinnen
5. Meldevorgang
Die Meldung von Schülern und Schülerinnen, die Interventionen durch einen Beratungslehrer/eine Beratungslehrerin benötigen, erfolgt ausschließlich durch eine digitale Bedarfsmeldung der Schulleitung (Formblatt 1 „Bedarfsmeldung“) an den regional zuständigen Diversitätsmanager/die regional zuständige Diversitätsmanagerin im. Durch diese/n erfolgt dann die Auftragserteilung an die zuständige Beratungslehrerin/den zuständigen Beratungslehrer. Die Aufzeichnungen im Formblatt Bedarfsmeldung unterliegen dem Datenschutz und sind unter Verschluss zu halten.
Die Erziehungsberechtigten werden in der Folge von der Schule zu einem Informationsgespräch eingeladen. An diesem Gespräch nimmt der Beratungslehrer/die Beratungslehrerin teil. Die Erziehungsberechtigten geben auf einem Formular (Formblatt 2 „Einwilligung der Erziehungsberechtigten“) durch ihre Unterschrift die Einwilligung zur Intervention durch den Beratungslehrer/die Beratungslehrerin und zur Datenweitergabe, sofern dies erforderlich ist. Die Aufnahme in die Betreuung durch den Beratungslehrer/die Beratungslehrerin und die Entlassung aus dieser sind während des gesamten Schuljahres möglich.
6. Qualifikation, Aus- und Weiterbildung
- Lehramt für Volks-, Sonder- oder Mittelschule
- Ausbildung zum diplomierten Beratungslehrer/zur diplomierten Beratungslehrerin
- Teillehramt für Lehrer/innen an Sondererziehungsschulen
- Regelmäßige Teilnahme am Jour-Fixe (Supervision)
- Verpflichtende Fort- und Weiterbildung im einschlägigen Bereich gemäß dem Angebot der
Pädagogischen Hochschule oder anderer Anbieter/innen.
Anmerkung:
Die Qualifikation zum Beratungslehrer/zur Beratungslehrerin leitet nicht das Recht ab, in diesem Tätigkeitsbereich - stundenweise oder zur Gänze - eingesetzt zu werden.
Die Einsatzmöglichkeit ergibt sich
a. aus den vom Dienstgeber zur Verfügung gestellten Wochenstunden und
b. aus dem pädagogischen Bedarf in der Bildungsregion
und wird vom zuständigen Diversitätsmanager/der zuständigen Diversitätsmanagerin des Fachbereiches Inklusion, Diversität und Sonderpädagogik koordiniert.
Sind die Ressourcen vorhanden, ist jedenfalls ein geprüfter Beratungslehrer/eine geprüfte Beratungs-lehrerin einzusetzen.
7. Dokumentation
Der Beratungslehrer/Die Beratungslehrerin ist verpflichtet, seine/ihre Tätigkeit zu protokollieren:
a) Wochenstundenplan (Formblatt 3 „Wochenstundenplan“)
b) Verlaufsprotokoll, ständige Aufzeichnungen betreffend die Daten, die Problemsituation des Schülers/der
Schülerin und die Interventionen des Beratungslehrers/der Beratungslehrerin.
Diese Aufzeichnungen unterliegen dem Datenschutz und sind unter Verschluss zu halten.
c) Darüber hinaus ist ein digitaler Tätigkeitsbericht begleitend während des Schuljahres zu führen
(http://sonderpaed.jimdo.com/formulare/tätigkeitsberichte/ ).
d) Am Ende des Schuljahres ist der Tätigkeitsbericht über die Stammschulleitung dem zuständigen
Diversitätsmanager/der zuständigen Diversitätsmanagerin im Fachbereich Inklusion, Diversität und
Sonderpädagogik zu übermitteln, der/die eine Regionszusammenfassung an die BD für Kärnten
(Referentin FIDS) weiterzuleiten hat.
8. Inkrafttreten
Das Rundschreiben tritt mit Beginn des Schuljahres 2020/21 in Kraft.
Es wird darauf hingewiesen, dass durch das gegenständliche Rundschreiben das Rundschreiben Nr. 08/2016 außer Kraft gesetzt wird.